Chronikauszug des Jahres 1902
Die folgenden Blätter stellen einen Auszug aus der Boker Chronik (Chronik Boke I) des Jahres 1902 dar.
Bei der Übertragung der Originalschriften in die heutige Druckschrift wurde die Struktur der Chronik möglichst beibehalten.
Eine Seite des handschriftlichen Originals entspricht somit auch einer Seite in der Übertragung.
Auch die Interpunktion und die Orthographie des Originals wurde ohne Korrektur übernommen.
Was so alles in dem Jahr 1902 passierte, können Sie in dem folgenden Chronikauszug nachlesen.
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1902.
Das Jahr 1902 fing betreffs der Witterung
sehr gelinde an. Da[s] Thermometer hat im Januar kaum
einmal den Gefrierpunkt erreicht.- Der Monat
Februar brachte den ersten Schnee und noch mehrere
kalte Tage. Der März hatte nur gutes Wetter
und gab die größte Hoffnung auf ein gutes Früh=
jahr, was allgemein sehr gewünscht wurde, be=
sonders alle Viehbesitzer, da die Futtervorräte,
welche im vergangenen Jahre überhaupt wenig
eingefahren waren, bereits zur Neige gingen.
Auch in der ersten Hälfte des April war die
Witterung angenehm warm. Dann kamen
kalte und nasse Tage. Das Gras auf den Weiden
ließ im Wachstum sehr nach, so daß unter dem
Vieh, besonders Rindvieh, bald Futternot
eintrat. -
Am 30. April wurde das 50jährige Priester
und Ortsjubiläum des Hochwürdigen Herrn
Pfarrers und Landdechanten Sagemüller
gefeiert. Die Vorbereitungen zu diesem
Feste hatten schon ziemlich lange vorher
ihren Anfang genommen. Am Vorabende
wurde das Fest feierlich eingeläutet. Dann
bewegte sich von Ringboke aus ein groß=
artiger Fakelzug bis zur Pfarrwohnung.
Dort angelangt, hielt der Oberkontrolör
Herr Leiwesmeier eine Ansprache, in wel=
cher er das Wirken des Herrn Jubilars in
der Pfarre Boke schilderte. Am Festtage
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begann die kirchliche Feier gegen 10 Uhr.
Über 40 Geistliche waren anwesend. Die
Festpredigt hielt der Hochwürdige Herr
Weihbischof Dr. Gockel. Nach der kirchliche[n]
Feier fand die Gratulation im Pfarrhause
statt, wobei auch die Überreichung der verschie=
denen Geschenke stattfand. Die Pfarrgemein=
für die Kirche
de hat durch freiwillige Beiträge [eine
herrliche Monstranz im Werte von 1000 Mkr.
und einen schönen Baldachin (Himmel)
geschenkt. Außerdem hat der Herr Jubilar
noch viele wertvolle Geschenke von Freun=
den geistlichen und weltlichen Standes
erhalten. Die Schulfeier war in der
Mädchenschule. Das Festessen fand in
der Knabenschule statt. Vor Beginn der
Tafel heftete der Herr Landrat von
Savigny im Auftrage Sr. Majestät
des Kaisers den roten Adlerorden
IV Klasse mit der Zahl 50 auf die
Brust des Herrn Jubilars. Das Hoch
auf Sr Heiligkeit Papst Leo XIII. und
Sr. Majestät Kaiser Wilhelm II. wurde
vom Hochw. Herrn Weihbischof Dr Gockel
ausgebracht. Das ganze Fest verlief in
der denkbar schönsten Weise.
Der Monat Mai im ganzen kalt und
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naß. Die Kälte war so stark, daß teils das Weide=
vieh aus den Kämpen genommen werden mußte.
Die Obstblüten haben sehr gelitten und ist kaum
eine Obsternte zu erwarten. Ende Mai began=
nen die Grasverkäufe. Das Gras war pro Morgen
noch teurer wie im vorigen Jahre. „ „ 50 - 60 Mkr.
Am 6. Juni abends großes Wetterleuchten.
Darauf schwere anhaltende Gewitter mit star=
kem Sturm und Regen. Ende Juni trockene
Witterung und bedeutend gutes Heuwetter.
Vom 1. auf den 2. Juli ein schweres Gewitter.
Der Blitz hat an mehreren Stellen eingeschlagen; bei
Pottmeier und Hennemeier je in eine Eiche und bei
Tönsmeier, früher Begger, in eine Pappel. Am
20. Juli wurde das Kriegerfest gefeiert, leider wurde
das Fest durch anhaltenden Regen sehr beeinträchtigt.
Der Regen hielt bis Ende des Monats an, so daß viel
Roggen naß eingefahren und auch vielfach ausgewach=
sen ist. Roggenernte. Ertrag befriedigend.
Auch Anfangs August hielt das Regenwetter an; Nachts
vom 6. auf den 7. August ein schweres Gewitter. Der
Blitz schlug in einen Birnbaum, in dem Weide=
kampe der Pastorat. Ende des Monats ziemlich gutes
Wetter.-
Im Monat September meist Regenwetter. Anfang
der Kartoffelnernte. Der Ertrag befriedigte nicht ganz.
Am 1. Oktober trat die Lehrerin Katharina Brokmann
aus dem Schuldienste, indem sie sich verheiratete. Die=
selbe war hier seit April 1896 segensreich tätig. Die
erledigte Stelle wurde der Lehrerin Anna Ising
geboren in Atteln, bisher Lehrerin in Pömsen Kreis
Höxter, übertragen.- Die Witterung in diesem
Monate
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Monate war regnerisch, wodurch die Kartoffeln=
ernte sehr erschwert wurde.
Im November große und anhaltende Kälte.
Viele Futterrüben sind erfroren.
Am 1. Dezember außerordentliche Viehzählung.
Ergebnis derselben war: 83. Pferde, 529 Stück Rind=
vieh und 1109 Schafe.- Am 1. Dezember Schneege=
stöber, sonst bis zum Ende des Monats gelin=
de Witterung.- Im Jahre 1902 sind 35 Geburten,
23 Sterbefälle und 15 Trauungen vorgekommen.
Nach dem Gemeindehaushaltsplan
Bei der Gemeindkasse [betrug pro. 1902 die Ein=
nahme und Ausgabe 12500 Mark. Gehoben wurden
225 % Mark sämtlicher, außschließlich Gewerbesteuer im
Umherziehen.- Die Martini Markt und Frucht=
preise betrugen für den Doppelzentner:
Weizen ..... 15,80 Mark
Roggen ..... 13,50 ”
Gerste ..... 13,40 ”
Hafer ..... 14,00 ”
Kartoffeln ..... 4,20 ”
Der Gemeindevertretung wurde der Inhalt der
Chronik mitgeteilt und zur Unterschrift vorgelegt
Boke, den 2. Januar 1903.
Der Vorsteher: Die Gemeindevertretung:
Schäfermeyer. Jostmeier. Neisemeier Göstenmeier