Chronikauszug des Jahres 1904
Die folgenden Blätter stellen einen Auszug aus der Boker Chronik (Chronik Boke I) des Jahres 1904 dar.
Bei der Übertragung der Originalschriften in die heutige Druckschrift wurde die Struktur der Chronik möglichst beibehalten.
Eine Seite des handschriftlichen Originals entspricht somit auch einer Seite in der Übertragung.
Auch die Interpunktion und die Orthographie des Originals wurde ohne Korrektur übernommen.
Was so alles in dem Jahr 1904 passierte, können Sie in dem folgenden Chronikauszug nachlesen.
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1904.
Der Monat Januar fing mit gelindem Frost=
wetter an, welches bis Mitte des Monats anhielt.
Dann trat Tauwetter ein. Am 17. u. 18. d. Mts.
Schnee mit nachfolgendem Frost. Den 29. Regen
und Tauwetter.
Die erste Hälfte des Februar sehr gelindes Wet=
ter. Das Thermometer zeichte nur Wärmegrade.
Die andere Hälfte des Mts. stürmisch, teil=
weise auch ziemlicher Schneefall.
Auch anfangs März Sturm und Schneegestöber.
Dann waren warme Tage. Am 8. 9. d. Mts.
10 -12 % C. Die Bäume knospten zusehend
und die Wiesen grünten und ließen auf
einen gutes Frühjahr schließen. Der ganze
Monat blieb betreffs der Witterung milde
und Ende des Mts blüheten die Kirsch=
bäume.
Der Monat April war anfangs reg=
nerisch. In der Woche vom 10 - 17. sogar
heiße Tage, im Durchschnitt 20 - 20 % C.178 Die
Obstblüten entwickelten sich großartig
und lassen auf eine gute Ernte hoffen.
Ende des Monats mehrere kühle Tage.
Der Monat Mai hatte mit wenigen
Ausnahmetage[n] nur kühle Witterung.
Diese Witterung hat auf die Entwickelung
des Roggens gut eingewirkt. Der Roggen
hat hier auf dem Sandboden einen
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178 Dem Chronisten ist an dieser Stelle offensichtlich ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen; der Temperaturbereich (von - bis) wird jeweils mit der Zahl 20 angegeben.
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guten Stand und verspricht jetzt schon eine
befriedigende Ernte. - Auf den Kanalwiesen
jetzt Anfang des Juni die Heuernte. Der
Ertrag ist reichlich. Die Witterung war anfangs
d. Mts trocken, wodurch die Wiesen an der
Lippe in etwa leiden. - Am 17. Juni
kam auch für diese Wiesen der ersehnte
Regen. Nachmittags standen mehrere Ge=
witter auf, die bis Abend, sogar die ganze
Nacht anhielten. Hier haben dieselben zum
Glück keinen Schaden angerichtet. Es konn=
ten nunmehr auch die Pflanzen, nament=
lich Runkeln und Steckrüben verpflanzt
werden. In vielen Gegenden, beson=
ders im Alme und Diemeltale sollen
die Gewitter großen Schaden durch
Sturm und Hagelschlag angerichtet
haben. Am 25. d. Mts. wieder starker
Regen; auch wieder Gewitter.
Anfangs Juli war kühle und trockene Witterung.
Am 11. d. Mts. 28 % Cels. und am 16 u l7 bis 30 % C bis
jetzt die größte Hitze in diesem Jahre. Der gan=
ze Monat sehr trocken. Am 28 etwas Regen, lei=
der zu wenig. Die Weiden waren bald voll=
ständig verdorrt, so daß das Vieh teils anfing
Mangel zu leiden. Die Roggenernte, welche
Ende dieses Monats begann befriedigte im
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Ganzen sowie auch die Heuernte.
Der Monat August war ebenfalls ohne Regen. Am 18.
d. Mts. hier gewaltiger Sturm; es drohte zu regnen,
doch alle Regenwolken trieb der Sturm vorüber.
Die Sommerfrüchte, als Hafer, Gerste und Buchwei=
zen kamen zur Frühreife und die Ernte befriedigte
nicht.
Auch der Monat September war bis zum 13. ohne
Regen; deshalb war auf eine Grummeternte auf
den Lippewiesen nicht mehr zu erwarten. Die
Nachfrüchte, als Stoppelrüben und Spörgel konnten nicht
wachsen. Die Lupine179, welche hier viel zu Gründün=
ger gasäet wird ging gar nicht auf. Ein gedeih=
licher Regen fiel am 13. d. Mts. Ende des Monats
regnete es ab und zu, doch für die genannte[n] Früchte
immer noch zu wenig.
Anfangs Oktober begann die Kartoffelnernte
Auf dem hochliegenden Sandboden fiel der
Ertrag wegen der anhaltenden Dürre des
Sommers kaum befriedigend aus. Das Wachs=
tum, welches die Kartoffeln anfangs Oktober
noch zeigten wurde durch zwei kalte Nächte
am 1. u. 2. Oktober ganz vernichtet. Die zweite
Hälfte des Monats war gutes Wetter. Am
26 starker Regen, so daß der früh gesäete
Roggen aufgehen konnte.
Am 7. November verunglückte ein Mann aus
dem Delbrücker Lande auf der Chaussee im
Heitwinkel. Er kam unter sein eigenes Fuhrwerk
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179 Vgl. Fußnote Nr. 176.
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und war nach wenigen Minuten eine Leiche. Ackerwirt
Heinrich Berhorst aus Heitwinkel hatte den Vorfall
gesehen und sofort zur Hülfe geeilt. - Den 9. d.
Mts. am Tage großer Sturm und in der Nacht ein
schweres Gewitter mit starken Regen. Am 26 d.
Mts. den ganzen Tag Schneegestöber.
Der Monat Dezember war betreffs der Witter=
ung gelinde; Schnee sehr wenig. Am 1. Dezember
fand die Viehzählung statt. In 168 Haushaltun=
gen wurden gezählt 84 Pferde, 585 Stück Rind=
vieh, 1303 Schafe, 734 Schweine und 20 Ziegen.
194 Schweine sind geschlachtet und auf Trichinen
untersucht worden. - In diesem Jahre sind
26 Geburten, 8 Sterbefälle und 5. Trauungen
vorgekommen. Nach dem Gemeinde=Haushal=
tungsplane betrug die Einnahme und Ausgabe
12500 Mark. Gehoben wurden 225 % sämtlicher, aus=
schließlich Gewerbesteuer im Umherziehen.
Die Martini Markt und Fruchtpreise betrugen für den
Doppelzentner: Weizen ..... 16,40 Mark
Roggen ..... 14,00 ”
Gerste ..... 13,80 ”
Hafer ..... 13,60 ”
Kartoffeln ..... 5,00 ”
Der Gemeindevertretung wurde der Inhalt der
Chronik mitgeteilt und zur Unterschrift vorgelegt.
Boke, den 5. Januar 1905.
Der Vorsteher: Die Gemeindevertretung:
Schäfermeyer Neisemeier
Jostmeier. Beine