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08.05.2024
Lippedorf Boke

Chronikauszug des Jahres 1912

Die folgenden Blätter stellen einen Auszug aus der Boker Chronik (Boker Chronik I) des Jahres 1912 dar.

Bei der Übertragung der Originalschriften in die heutige Druckschrift wurde die Struktur der Chronik möglichst beibehalten.
Eine Seite des handschriftlichen Originals entspricht somit auch einer Seite in der Übertragung.
Auch die Interpunktion und die Orthographie des Originals wurde ohne Korrektur übernommen.
Was so alles in dem Jahr 1912 passierte, können Sie in dem folgenden Chronikauszug nachlesen.


 [246]

1912           

Die ersten Tage im Januar waren betreffs
der Witterung gelinde. Am 6 u. 7 starker Schnee,
welcher schon am 9. Januar wieder taute. Am
12. 13 u. 14 folgte ziemlich starker Frost. Am
12 Januar [fand] die Wahl zum Deutschen Reichstage
statt. Von 224. Wahlberechtigten wählten 214.
Sämtliche Stimmen lauteten auf den Namen
bisherigen Abgeordneten Herrn Landrat Dr.
von Savigny in Büren. Die zweite Hälfte
des Mts. war wieder gelindes Wetter. Den
28 – 31 und am 1. Februar starker Schneefall
mit heftigem Sturm. Am 2. Februar wurde
von mehreren Leuten abends eine Meteor
von Westen nach Osten ziehend von der
Größe einer Lampenkuppel gesehen.
Vom 3 Februar an mehrere Tage große
Kälte. Das Thermometer zeichte 14. 15 –
16 % C unter Null. Dann trat mildes
Wetter mit teilweisem Regen ein.
Die Schneeglöckchen zeichten schon ihre
Blüten. Anfangs März regnerisch und
rauhe Luft. Vom 10 ab gutes Frühlings=
wetter. Dieses hielt an bis zum 18 des Mts.
Dann Regenwetter bis Ende des Monates
Auch anfangs April nur Regen. Am 16
April Regen mit Schnee, darauf mehrere
starke Nachtfröste. Kirschen= und Birnblüten


[247]

erfroren. In der zweiten Hälfte des Mts. immer trocke=
ner Ostwind mit ziemlich starken Nachtfrösten. Am
17. April um Mittag trat eine totale Sonnenfinsternis
ein; es entstand eine solche Dunkelheit, daß zeitweise
die Venus sichtbar wurde.
Am 1. April trat der Hauptlehrer Friedrich Sarrazin nach
einer nahe neununddreißigjähriger Tätigkeit in den
Ruhestand. Sarrazin hat zunächst an der Seite des
Lehrers Schmidt die Schule, den Küster= und Organi=
stendienst versehen. Das Gehalt dafür betrug 100 Taler
und freie Station. Dann hat Sarrazin noch verschie=
dene Male den Organistendienst versehen. Nach=
folger wurde der bisherige Lehrer in Metting=
hausen Franz Kothe gebürtig aus Büren iW.195
Da Sarrazin auch die Rendantur196, der im Jahre 1899
gegründeten Spar= und Darlehnskasse versah und
man allgemein wünschte, dieses Amt weiter zu
verwalten, so ist der scheidende Hauptlehrer
am Orte wohnen geblieben. –
Anfangs Mai trat noch mehrmals Frost ein, so daß
viele Obstblüten erfroren. Am 7 Mai kam der
lang ersehnte Regen. Die Weiden, welche unter
der lang anhaltenden Dürre sehr gelitten hatten,
erholten sich bald wieder. Am 12 Mai abends
mehrer[e] schwere anhaltende Gewitter mit Hagel
und starkem Regen.
Am 2. Juni wurde dem aus dem Amte geschiedenen
Hauptlehrer Sarrazin vom Herrn Ortsschulinspektor
Pfarrer Liedhegener in Gegenwart des Herrn Kaplans
Happe, den Mitgliedern des Schulvorstandes und
der Lehrpersonen den ihm von Sr. Majestät des
Kaisers und Königs Wilh. II verliehenen Hoher=
zollerschen Hausorden feierlich, überreicht. Dieser

__________________________

195 Diese Abkürzung steht für den früher üblichen Zusatz „in Westfalen“ (möglicherweise in Abgrenzung zu dem gleich klingenden – allerdings mit „h“ geschriebenen – Ort „Bühren“ in Niedersachsen).
196 Vgl. Fußnote Nr. 190.


[248]

Feier folgte am 9. Juni abends ein großartiger
Fakelzug, den der Krieger= Schützen= und der Verein
Heimatwohl197, veranstaltet hatten. Auch sämtliche Schulkin=
[der] in Anwesenheit der Lehrpersonen trugen eine Fakel
Ein Musikkapelle führte den Zug an. Zugleich wur=
de dem Lehrer von ein Ruhesessel geschenkt.
Im Monat Juni war die Witterung für die
Landwirtschaft recht günstig. Es wechselten warme
Tage mit teilweisen Regenschauern ab. Es war
gutes Pflanzewetter. Mitte des Mts. begann am
Lippekanale die Heuernte. Das Gras war verhältnis=
mäßig teuer. Leider ließ Ende des Mts. das Heu=
wetter zu wünschen übrig.
Der Monat Juli hatte durchschnittlich nur gutes
Wetter. Das Heu ist deshalb sehr trocken unter Dach
gebracht. Mitte des Mts. Anfang der Roggenernte,
welche zur Zufriedenheit ausfiel. Im Monat
August viel Regen. Zum Glück war der
Roggen eingeerntet. Buchweizen und Hafer
ist vielfach naß und ausgewachsen einge=
fahren. Am 26. abends ein schweres Gewitter
und am folgenden Tage ein orkanähnlicher
Sturm. An der Chausee auf Ringboke sind
mehrere starke Pappeln umgeweht.
In der ersten Hälfte des Sept. viel Regen,
darnach Ostwind und trockene Witterung. Die
noch rückständigen Früchte konnten eingeschäuert
werden. Grummet ist sehr trocken eingefahren.
Ende des Mts. Anfang der Kartoffelnernte; der
Ertrag befriedigte allgemein.
Oktober trockenes Wetter. 6. 7 u 8 starker Frost. Das

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197 Der Verein Heimatwohl, gegründet im Jahr 1910, war die Vorgängereinrichtung des heutigen Heimatvereins Boke e.V.


[249]

Thermometer zeichte bis 3 % Kälte. Viel Herbstgrün,
als Spörgel und Seradella sind erfroren. Am
1. Oktober verließ die 2 Lehrerinn Fräulein
Theresia Brand Boke, um die erste Lehrerinen=
stelle in Wünnenberg zu übernehmen. Die
hiesige Stelle wurde der Schulamtsbewerberin
Fräulein Schlüter aus Paderborn übertragen.
Im Monat November meist trübe, heftige Stürme mit
Regen. Te[m]peratur gelinde, stets Wärmegrade. Am 15 und
   Dezember
16 | trat die Lippe über die Ufer. Der ganze Monat gelindes
Wetter.
Die am 2. Dezember d. Jrs. stattgefundene Viehzählung
hatte folgendes Ergebnis: 115 Pferde, 737 Stück Rindvieh,
323 Schafe, 978 Schweine, 33 Ziegen, 3838 Stück Feder=
vieh und 50 Bienenstöcke. Ferner 89 Schweine=
schlachtungen ohne Fleischbeschau. – Hier wird
bemerkt, daß die Viehpreise im abgelaufenen
Jahre sehr hoch waren. Gute Milchkühe 5 – 600 Mark
Schwe Fette Schweine Lebendgewicht 60 – 65 Mark
pro 100 Pfund. Schlachtgewicht pro 100 Pf. bis 76 Mark.
Der Gemeindehaushaltungsplan war in Einnah=
me und Ausgabe auf 15480 Mark festgesetzt.
In diesem Jahre sind 32 Geburten 13 Sterbe=
fälle und 6 Trauungen vorgekommen.
Die Martini Markt und Fruchtpreise be=
trugen in diesem Jahre wie folgt: Und
zwar pro Doppelzentner:

Weizen     .....  20 Mark 50 Pf.
Roggen     .....  18   „     30 „
Gerste      .....  18   „         „          


[250]

Hafer         .....  20 Mark 60 Pf.
Kartoffeln   .....    5 Mark.

Im Laufe des Herbstes wurden die Separations=
pläne den Grundbesitzern angewiesen.198

Der Gemeindevertretung wurde der Inhalt der
Chronik mitgeteilt und zur Unterschrift vorgelegt.

Boke, den 7. Januar 1913.

Der Vorsteher:                 Die Gemeindevertretung.
Schäfermeyer.                 Hüser
Groepper                        Pottmeier
Leiwesmeier       

Die Einwohnerzahl der Gemeinde Boke
betrug nach der letzten Personenstands=
aufnahme 1016.

__________________________

198 Vgl. Fußnote Nr. 189.


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