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15.01.2025
Lippedorf Boke

Chronikauszug des Jahres 1925

Die folgenden Blätter stellen einen Auszug aus der Boker Chronik (Chronik Boke II) des Jahres 1925 dar.

Bei der Übertragung der Originalschriften in die heutige Druckschrift wurde die Struktur der Chronik möglichst beibehalten.
Eine Seite des handschriftlichen Originals entspricht somit auch einer Seite in der Übertragung.
Auch die Interpunktion und die Orthographie des Originals wurde ohne Korrektur übernommen.
Was so alles in dem Jahr 1925 passierte, können Sie in dem folgenden Chronikauszug nachlesen.

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1925

            Am 10 Januar ließ unser hochw.
Herr Kaplan Inkmann für sich den ersten
Radioaparat in der hiesigen Gemeinde aufstellen.
Den 24 d. M. wurde die Postautofahrt auf
der hiesigen Strecke Salzkotten-Delbrück u.s.w.
eröffnet. Diese willkommene Verkehrsver=
besserung wurde von der Bevölkerung lebhaft
begrüßt. Die Witterung war während des
ganzen Monats sehr milde.
            In der Nacht vom 9 auf den 10 Februar
war ein großer Sturm, welcher in den
Waldungen durch knicken und entwurzeln der
Bäume sehr großen Schaden anrichtete und die
Dächer teilweise abdeckte. Das Wetter war
sonst in diesem Monate schön wie im Frühling.
            Nachdem der erste Präsident des deutschen
Reiches, Fridrich Ebert, kürzlich gestorben war,
fand am 29 März die Reichspräsidentenwahl
statt. In der Gemeinde Boke wurden Stimmen abge=
geben, für Marx 376, Braun 11, Dr. Jarres 17,
Held 4, Thälmann 1, Ludendorf 1, und

Hellpach

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Hellpach 1. Die Wahl zeitigte jedoch kein
Ergebnis, weil keiner der Kandidaten die
benötigte Mehrheit an Stimmen hatte.
Das Wetter war in der ersten Hälfte dieses
Monats schön und trocken. Am 10 trat jedoch
starker Frost ein dem bald ein heftiger Schneefall
folgte und somit hielt der Winter wenn
auch ganz verspätet noch seinen Einzug.
Glücklicherweise wurde seine Kraft bald
wieder gebrochen.
            Am 14 April brannte das Wohnhaus des
Ackerers Konrad Linnenbrink bis auf den
Grund nieder. Aus der am 26 April erfolgten
Stichwahl zur ging der Generalfeldmarschall
von Hindenburg als Sieger hervor und
wurde somit zum Reichspräsidenten gewählt.
In der Gemeinde Boke wurden für Hinden=
burg 39 und für Marx 496 Stimmen
abgegeben. Das Wetter war im April
fast durchwegs kalt und regnerisch, sodaß die
Knospen und Blüten an den Obstbäumen
sich noch nicht entwickeln konnten.

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            Auch im Mai hielt das Wetter noch in
derselben Weise an, wurde jedoch in der zweiten
Hälfte d. M. sehr schön. In kurzer Zeit fand
das Vieh auf den Weiden hinreichend Futter
und das Wintergetreide welches ohnehin sehr
gut stand, konnte prächtig gedeien.
           Im Juni und zwar vom 11–14ten
feierte Boke das 1150jähriges Jubiläum. Vor
1150 Jahren wurde der Ort nach glaubhaften
Unterlagen zum ersten Male urkundlich erwähnt.265
Da auch zu jener Zeit mit der Einführung
des Christentums in Boke begonnen wurde,
war es hauptsächlich eine kirchliche Feier in
Form eines Triduums mit täglich 3 Predigten
und Anbetungsstunden. Der Hauptfesttag war
der 14 Juni das Fest des hl. Landelinus u.
Kirchenpatrons der Pfarrei. Besonders erhebend
waren die General-Komunion am Morgen
und die Landelinusprozession mit den
Relikquien dieses Heiligen. An der
Prozession nahmen die Schützenvereine von
Boke, Anreppen und Bentfeld und auch

der

 _____________________________________
265 Demnach fiele die erste urkundliche Erwähnung in das Jahr 775. Bei dieser Datierung handelt es sich, wie Tönsmeyer, S. 32 f., ausführt, um ein Mißverständnis der damaligen Heimatforschung: „In ... heimatkundlichen Schriften wird ... die Ansicht vertreten, daß Boke schon in germanischer Zeit als eine heidnische Kult- und Opferstätte anzusprechen ist, an der der gewaltsamen Christianisierung Karls des Großen harter Widerstand entgegengesetzt wurde, bis der Frankenkaiser unsere Vorfahren mit Feuer und Schwert zur Bekehrung zwang. Im Rahmen dieser 30jährigen Eroberungszüge unternahm Karl im Jahre 775 einen Feldzug gegen die Ostfalen, wobei der Buckigau eine Rolle spielt. Es haben nun einige Forscher die Behauptung aufgestellt, Boke sei der im Jahre 775 erwähnte Buckigau (...) Boke ist nicht Buckigau. Diese Feststellung tut der historischen Bedeutung des alten Lippedorfes in frühchristlicher Zeit keinen Abbruch. Boke ist und bleibt der Vorort am Oberlauf der Lippe im Frühmittelalter (...) Ein wichtiges Kriterium für die Altersbestimmung einer Siedlung ist immer das Patrozinium. Die Überführung von Reliquien des heiligen Abtes aus dem Frankenreiche im Frühmittelalter bedeutete für Boke eine besondere Auszeichnung und charakterisiert die Pfarrei als ältestes kirchliches Zentrum am Oberlaufe der Lippe.“ Zur zeitlichen Einordnung dieser Überführung bemerkt Kößmeier, S. 19: „Seit dem frühen Mittelalter war Boke zentraler Ort der Lippeniederung westlich von Paderborn. Schon früh hatte Boke eine Kirche. Erste Quellen beziehen sich auf die Überführung des hl. Landolinus aus Cambrai in Frankreich. Viele Historiker nehmen als Translationsjahr 836 an, sicher ist aber, daß die Reliquien in der Zeit des Paderborner Bischofs Badurad (815 bis 862) nach Boke kamen.“

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der Kriegerverein von Boke fast
vollzählich mit ihren Bannern teil.
Nachmittags um 5 Uhr hielt nach Abschluß
der kirchlichen Feier, der hiesige Verein
Heimatwohl eine Festversammlung ab.
Die Beteiligung seitens der Bevölkerung war
an allen Tagen sehr rege und der Aufwand
recht groß. Mehrere hundert Böllerschüsse wur=
den abgegeben, welche vom Polizeidiener
Falkenrich von morgens früh bis abends
spät abgefeuert wurden.
           Am 16 d. M. fand eine allgemeine
Volks=, Berufs= und Betriebszählung statt.
Innerhalb der Gemeinde Boke wurden gezählt:
175 bewohnte Häuser, 175 Haushaltungen
über 2 Personen, 5 Haushaltungen bis zu 2
Personen, 2 Gasthäuser = insgesamt 182.
Dann 1073 Einwohner, davon 545 männl.
und 528 weibliche Personen; Weiter wurden
gezählt 172 landw. Betriebe und 30 Gewer=
bebetriebe bzw. Nebenbetriebe.
            Die Witterung war mit Ausnahme

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von einigen Regentagen um die Mitte des
Monats sehr trocken, sodaß Weiden und
Wiesen wie auch das Sommergetreide wegen
des mangelnden Regens sehr litten. Die
Kartoffeln und das Wintergetreide standen
jedoch recht gut.
            Im Juli konnte die Heuernte gut
eingebracht werden. Der Ertrag war auf
den Lippewiesen infolge der Trockenheit
unter Mittel. Der Preis für ein Nummer
am Kanale war ungefähr 50 – 60,- M, was
noch etwa den doppelten Friedenspreis ausmachte.
Am 21 d. M. brachte endlich ein Gewitter den
langersehnten Regen, sonst war das Wetter
den ganzen Monat sehr trocken.
Da sich die Hitze anfangs August
noch steigerte, kam auch der Roggen sehr
gut ein. Der Ertrag war zufriedenstellend,
stellenweise recht gut. Am 9 u. 10 August
wurde das Kriegerfest zum ersten Male
auf dem neuen Festplatze gefeiert.
Zu Ende des Monats schlug das Wetter um

und

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und es folgte jetzt eine längere Regenperiode. Aus diesem
Grunde verzögerte sich die Grummeternte bis Ende September
ja sogar bis anfangs Oktober hin. Der Grummet war auf
den Lippewiesen sehr schlecht, es konnten nur die Niederungen
gemäht werden. Der Preis betrug in der Boker Heide
pro Nummer 20 – 30,- M.

          Am 9. Oktober wurde der Arbeiter Heinr. Wüschem
von hier, als er Abends in der Dunkelheit auf dem Heimweg
die Chaussee Boke-Anreppen mit seinem Rade passierte,
überfallen und seiner Barschaft in Höhe von 42,- M und
einigen Lebensmitteln von einem Unbekannten beraubt.
Da sich das Wetter gegen Mitte Oktober besserte, konnten
die Kartoffeln, wenn auch etwas verspätet, doch noch
gut geerntet werden. Der Ertrag war mit Ausnahme von
sehr hohen Sandboden sehr gut. Auch hatten die Knollen von
den vielen Regen der le[t]zten Zeit hier wenig gelitten.
Der Preis betrug zuerst 2,70 – 3,00 M. Als aber die großen
Bestände aus dem Osten heran rollten, der Westen aber
wegen der großen Geldknappheit nur geringe Aufnahmefähigkeit
zeigte, stockte der Absatz hier ganz, was für die hiesige
Ackerbau treibende Bevölkerung sehr bedauerlich war, da

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in diesen Kreisen die auch immer größer werdende Geldknappheit
noch sehr vermehrt wurden. Am 20ten d. M. wurde dem Ackerwirt
Franz Freesmeier Untern-Eichen von unbekannten Thätern ein Rind
von der Weide gestohlen. In der Nacht vom 26 – 27 Oktober
brannte die Feldscheune des Landwirts Heinrich Ridder Untern-
Eichen, vollständig nieder.
           Im November stellten sich schon starke Nachtfröste
ein. Die Runkelrüben konnten aber noch ziemlich frostfrei
geerntet werden. Dieselben waren wie auch die Steck=
u. Herbstrüben recht gut geraten. Am 29ten d. M. waren
die Provinziallandt. u. Kreistagswahlen. Bei der Provinzial=
landtagswahl erhielten: Zentrum 307, Sozialdemokraten 1,
Deutsche Volkspartei 2, Deutschnationale Volkspartei 3, Komunisten 1,
Demokraten 1, Polen=Partei 1, Christlich=soziale Gesinnungsge=
nossenschaft (evgl) 1, Christlich=soziale Partei 2, Deutschvölkische
Freiheitsbewegung 3, Landwirtschaft 2, Wirtschaftspartei des deutschen
Mittelstandes 9 und ungültig waren 11 Stimmen. Bei der
Kreistagswahl erhielten: Zentrum 286, Sozialdemokraten 2,
Handel, Gewerbe und Beamte 17, Mittelstandspartei des Amtes
Atteln 4, Wirtschaftliche Interessengemeinschaft 22 und ungültig
waren 10 Stimmen. Die Martini Marktpreise stellten
sich an der Berliner Börse wie folgt: Weizen 11,05–11,20 M. pr. Zentn.

Roggen

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Roggen 6,75 – 6,90 M. Futtergerste 7,40 – 8,00 M. Hafer 8,00 M.
Am 21 Nov. fuhr das Postauto bei großer Dunkelheit und
starken Nebel in der Nähe des Heinr. Pottmeier´schen Hause
in den Straßengraben. Nachdem alle Bemühungen es wieder
herauszubefördern erfolglos geblieben waren, explodirte des
nachts der Benzinbehälter und das Auto wurde ein Raub der
Flammen. Da sich der Postautoverkehr sich auf der Strecke
Salzkotten-Delbrück nicht rentirte, wurde derselbe
am 1 Dezember eingestellt und seitdem werden die
Postsachen wieder wie früher mit einem Postwagen befördert.
Am 1 Dezember war wieder die übliche Viehzählung. In
der hiesigen Gemeinde wurden gezählt: 126 Pferde, 637 St.
Rindvieh, 169 Schafe, 604 Schweine 7 Ziegen und 2069 St. Ge=
flügel. Der hiesige Geflügelzuchtverein veranstaltete am 19 u.
20 Dez. seine erste Lokal-Geflügelausstellung. Es waren gegen
                                       Hühner
200 St. Tiere, Gänse, Enten |und Tauben ausgestellt. In der ersten
Hälfte d. M. herrschte schon ein sehr strenger Winter, in der zweiten
Hälfte war die Witterung jedoch wieder gelinder. Die Wirtschaftslage
Deutschlands verschlechtertete sich von Tag zu Tag immer mehr.
Wegen der großen Geld= u. Kreditnot wurden sehr viele
Fabricken und Betriebe stillgelegt, was eine große Arbeits=
losigkeit im Gefolge hatte. In diesem Jahre sind hier im Orte 4

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neue Wohnhäuser errichtet bezw. begonnen. Dahingegen brannte
1 Wohnhaus und zwar das Haus der Gertrud Peitz am
13 Dezember ab. In diesem Jahre waren in Boke
31 Geburten 8 Sterbefälle und 7 Eheschließungen zu verzeichnen.

           Der Inhalt der Chronik wurde der
Gemeindevertretung mitgeteilt und zur Unterschrift
vorgelegt

Boke, den 20. Januar 2026

Der Vorsteher:      Die Gemeindevertretung:
Tölle                    Neiske   Plahs
                           Hennemeier

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